Gneisenau-Kaserne
Lage: Kranichfelder Straße 1 [Ostmarkstraße] , (Teile davon: Am Schwemmbach 69)
Bauzeit: 1936/38
Bauherr: Deutsche Wehrmacht
Nutzung:
1937 - 1939 Stab, II.Bataillon, 13/14.Kompanie Infanterieregiment 71
1938 - 1939 Panzerabwehrabteilung 29
1939 - 1945 versch. Ausbildungs- und Ersatztruppenteile
1945 - 1946 Rote Armee
1946 - 1947 Übergabe an Land Thüringen/Demontage
1948 Übernahme durch die Stadt Erfurt
1949 - 1951 teilweise Wiederherstellung für Wohnzwecke
1951 - 1954 Teilbereich Nutzung als Kinderklinik
1954 - 1961 3.Grenzbrigade / Teilbereich Nutzung 7.VP-Bereitschaft
1961 - 1971 9.Grenzbrigade
1971 - 1989 Grenzkommando Süd
1989 - 1990 Grenzbezirkskommando 3
1990 - Übernahme Bundeswehr
1990 - 1992 Erfurt Bereich: VBK-71
1992 - 1996 GRV Erfurt Zweigstelle SÜD
1996 BfA und Landeskriminalamt
Bau- und Nutzungsgeschichte
Mit der Geneisenau-Kaserne entstand die umfangreichste Anlage des Heeres in Erfurt infolge dessen forcierte Vermehrung ab 1924/35. Dabei ist davon auszugehen, das die an der Kranichfelder Straße gelegenen, zur Bauzeit am südostwärtigen Stadtrand gelegene Kaserne in zwei Abschnitten 1937/38 fertiggestellt worden ist. [1] Vorgesehen für den Stab, das II.Bataillon sowie zwei weitere Kompanien des Infanterieregiment 71 und die Panzerabwehrabteilung der 29.Division, wurde sie auf einem von der Stadt größtenteils vermutlich unentgeltlich abgetreten Gelände errichtet. [2]
Während des II.Weltkrieges war die Kaserne von wechselnder Ausbildungs- und Ersatztruppenteilen belegt. Nach dessen Ende wurde sie von den Sowjets nicht beansprucht. [3] Insofern lässt sich an ihrem Beispiel exemplarisch verfolgen, welche unterschiedlichen Vorstellungen die sowjetischen Militäradministration und die deutsche Verwaltung mit der weiteren Verwendung militärischer Anlagen verband, die keiner entsprechenden Nutzung unterlagen. Auch wird erkennbar, welches Problem sich daraus in der Phase bis 1950/51 ergaben, in der rasche Wohnraumbeschaffung und der Wiederaufbau funktionierender Strukturieren des öffentlichen wie das wirtschaftliche Lebens im Vordergrund Standen.
Zwar hatten die Sowjets in jeder der fortlaufenden nummerierten, als >Gorodok< oder >Militärstädtchen< bezeichnen Kaserne einem der Stadtkommandantur unterstellten Kommandanten eingesetzt, [4] dies aber im eigentlichen Sinn nur dazu, aus den nicht mal zehn Jahre alten und unversehrten gebliebenen Gebäuden alles für ihre Zwecke brauchbare entfernen zu lassen. Auf eine grundsätzliche Weisung von Marschall Sokolowski zurückgehend, sollten sämtliche Militäranlagen beseitigt werden, was der nachhaltigen Wirkung wegen zunächst durch Sprengung erfolgen sollte. Nach dem diese verhindert werden konnte, [5] ging es darum, als erstes mit der Abdeckung der Gebäude zu beginnen. Anfang 1947 waren die Demontagen arbeiten soweit fortgeschritten, das die Gebäude anlässlich der Übergabe der Kaserne an die deutsche Bauverwaltung weitgehend nur noch aus dem Mauerskelett bestanden, ein Zustand, der noch über Monate anhalten sollte. [6]
Das Militärische Städtchen [russ: Mili.Städtchen No.6] besteht aus 33 Gebäuden nebst Ausrüstungen
- 2 Stabsgebäude, 3 etagig, in einem befindet sich ein Kesselraum
- 6 Kasernen, 3 etagig, in einem befindet sich ein Kesselraum
- 3 Wirtschaftsgebäude, 2 etagig
- 1 Manege
- 1 Auto-Remont Werkstatt
- 14 Auto-Garagen
- 1 Gaskammer
- 1 Schießstand
- 1 Schießscheibe
- 2 Benzintanks mit 4 nicht in Ordnung befindlichen Zapfsäulen
- 1 Wächterhäuschen
Übergabe erfolgte am 29.01.1947 - Kasernenanlage war zu 80% Demontiert/Zerstört
Mittlerweile hatte der Rat beschlossen, die frei Gebäude westlich des Haupteinganges mit dem dazugehörigen Wirtschaftsgebäude in eine orthopädische, eine Kinderklinik und Hilfskrankenhaus umwandeln und den halben Exerzierplatz darin einbeziehen zu wollen.[7] Um den Gebäuden "jedes kasernenmäßige Aussehen" zu nehmen beabsichtigte man, bei den drei für Krankenhauszwecke vorgesehene Bauten an der südlichen, der Straße zugewandten Seite terrassenförmige Abstufungen vorzunehmen und die 64 bis 75 m langen Fassaden der übrigen durch Herausprengen oder Herausbrechen von Mittelteilen "aufzulockern"[8] Diese vorbereitenden Maßnahmen zogen sich aus vielerlei Gründen über das Jahr 1948 hin, am Ende hatte man fast 800000 Mark ausschließlich" für Winterfestmachung der Kasernenblock-Ruinen aufgewendet. Es wurden in erster Linie die durch Aussprengung offenen Bauteile durch neue Wände geschlossen und die Terrasse die Klinik hergestellt. Außerordentliche Probleme bereitete der Umbau wegen der schweren Bombensichern Dächer und Decken.[9] Die Arbeiten zogen sich daher bis Anfang 1950 hin, bevor die ersten Wohnbauten fertiggestellt werden konnten, am Nordflügel der (Kinder)-Klinik waren sie im August noch nicht beendet. Dort bemühte man sich, anstelle Ofenheizung die Demontierte Zentralheizung auf irgendeinerart zu ersetzen. Unverändert bildeten "die seinerzeit für Luftschutzzwecken eingebauten, etwa 14cm starken armierten Betondecken des Dachgeschosses (sog. Sargdeckel) die äußere Dachhaut", da Sparen udn Ziegel längst für andere Zwecke verbraucht wurden waren.[10]
Bei den beiden östlichen, heute im Neubaubereich der BfA einbezogenen Gebäude wurden schon 1953 die herausgebrochenen Mittelteile wieder ersetzt, um zusätzliche Büroflächen Zugewinnen, [11] eine Maßnahme , die später auch bei den übrigen Gebäuden verwirklicht wurde, ebenso, wie die Terrasse bei den Klinikgebäuden wieder verschwanden. Dessen ungeachtet ließen sich auch nicht alle ursprünglichen Vorstellungen der Stadt verwirklichen. So zogen z.B. in die westlichen Bauten in den 50-er Jahren Teile der 3.Grenzbrigade und der 7.VP-Bereitschaft ein.
Die bedeutendste Veränderung wurde bisher an den drei ostwärtigen Mannschaftsgebäuden infolge ihrer Einbeziehung in den Neubauten der BfA vollzogen. Sie sind heute kaum noch als ehemalige Kasernenbauten erkennbar, auch das vom Landeskriminalamt genutzte Haus hat inzwischen eine grundlegende Sanierung und äußere optische Aufwertung erfahren.
Baubeschreibung
Mit einiger Aufmerksamkeit lässt sich noch heute die Aufstellung der sieben Wohn- und der zwei Stabsgebäude im Winkel zwischen der Kranichfelder Straße und dem Straßenzug Am Schwemmbach an deren gleichmäßigen Hintereinaderreihung mit 45 m Abstand von einander erkennen.[12]Die dahinter liegenden früheren Wirtschaftsgebäude wurden um 1950 ebenso wie die Masse der Bauten im Technischen Bereich beseitigt. Aufgrund der relativen Enge des Gesamtgeländes hatte man sich entschlossen, nur ein Exerzierplatz für zwei Bataillone im westlichen teil der Kaserne anzulegen, auch dieser ist heute noch erkennbar.
Die Gebäude entsprachen in ihrer Ausführung der äußerlichen anspruchslosen Gestaltung nach den damaligen Richtlinien.[13] Auch hier wurde, in der Verantwortung des Wehrkreises IV (Dresden) geplant. wenig wert auf irgendwelche dekorativen Elemente an den Gebäuden gelegt. Sie beschränkten sich auf tiefer gelegte Fenster in den Treppenhäusern und deren Einbindung in Werksteinlaibungen und -felder. Dies dürfte nicht zuletzt in der Überlastung der sächsischen Heeresbauämter durch zusätzliche Aufgaben in Thüringen begründet sei, gleiches gilt für das zu dieser Zeit einzige Bauamt in Erfurt.[14]
Anmerkung:
1. Standortverzeichnis des Heeres 1935-38
2. Schreiben 921 Go/Jn vom 23.03.1948
3. Nach Ende des II.WK keine sowjetischen Truppen in Erfurt
4. Stadtarchiv Erfurt, 1-2/607-7445
5. Stadtarchiv Erfurt, Schreiben vom 20.07.1946 / 28.08.1946
6. Stadtarchiv Erfurt, 1-5/28-3266
7. Beschluss vom 27.02.1947 / 5.9.1947
8. Vermerk des Stadtbauamtes 925 Jo/Lu
9. Zitat aus dem Bericht Stadtbauamt vom 23.11.1950
10. Angaben zu den Wohnbauten nach Bauakten im Bauordnungsamt
11. Bauordnungsamt Erfurt, Bauakte 1-K 14/50
12. Das am weitesten westlich stehende Gebäude (im Lageplan gepunktet) fehlt in den wenigen überlieferten Bauplänen.
13. Vgl. S.39f.,91
14. zweiter Heeresbauamt wurde ab 1936 errichtet
- Militärbauten in Thüringen - Arbeitshefte des Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege Ausgabe 1998
- Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg im Breisgau, Ergänzt mit Informationen aus Unterlagen/Dokumenten und Zeitzeugen
- invenio.bundesarchiv.de
- Informationsweiterverwendungsgesetz §2